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José GarcÃa Foto: NFP Der 15-jährige Donald (Thomas Brodie-Sangster) trägt stets eine wollene Mütze und verhält sich häufig aggressiv. Beides ist jedoch nicht in erster Linie auf Eigenarten der Pubertät zurückzuführen. Denn Donald leidet an Leukämie im Endstadium. Die Krankheit und die Chemotherapie haben ihn nicht nur körperlich gezeichnet, sondern auch in seinr Seele Wunden hinterlassen. Obwohl die Ãrzte weiterhin verschiedene Therapien anwenden, hat sich der 15-Jährige bereits mit seinem baldigen Sterben abgefunden. Den verzweifelten Versuchen seiner Mutter, durch Internetrecherchen neue Behandlungsmethoden herauszufinden, begegnet Donald genauso zynisch wie der Zufluchtsuche seines Vaters im Gebet (âer schleicht sich fast jeden Sonntag in die Kircheâ). Mit den Psychologen, zu denen ihn seine Eltern schicken, spricht Donald hingegen nicht â leicht durchschaut er ihre âPsychotricksâ, die dem intelligenten Jungen allzu phrasenhaft vorkommen. Der begnadete Zeichner verarbeitet seine Wut und seine Ãngste in seiner eigenen Comicwelt. Dort schlüpft Donald in die Rolle eines Superhelden, der gegen âDr. Todâ und die verführerische Krankenschwester Nursey Worsey kämpft. Ein Bild davon kann sich der Zuschauer bereits zu Beginn machen: Der Vorspann besteht aus solchen mit Techno-Musik unterlegten Zeichnungen, die dann in echte Bilder übergehen. Basierend auf dem 2006 erschienenen Roman âDeath of a Superheroâ (deutsch âSuperheroâ, 2007) des neuseeländischen Autors Anthony McCarten, der auch das Drehbuch für die Verfilmung verfasste, erzählt der Spielfilm âAm Ende eines viel zu kurzen Tagesâ von zwei einschneidenden Ereignissen, die Donalds Leben verändern: Die neue Mitschülerin Shelly (Aisling Loftus) scheint sich im Gegensatz zu den anderen Schülerinnen für seine Comic-Zeichnungen zu interessieren. Die zarte Liebesgeschichte, die sich zwischen dem unheilbar Kranken und dem hübschen, unangepassten Mädchen entwickelt, erweckt in ihm einen neuen Lebenswillen. Dazu trägt ebenfalls der Psychologe und Thanatologe Dr. Adrian King (Andy Serkis) bei. Regisseur Ian FitzGibbon inszeniert die Begegnungen zwischen ihnen sehr behutsam. Dr. King zeigt sich verständnisvoll, wirkt jedoch weder gönner- noch kumpelhaft. Der Psychologe wird zu einem väterlichen Freund, der den Jungen ernst nimmt, der aber auch von Donald Lebensmut geschenkt bekommt. Ian FitzGibbon baut in âAm Ende eines viel zu kurzen Tagesâ immer wieder Szenen aus Donalds Comicwelt ein. Sie dienen freilich nicht nur der Illustration, sondern werden in die Handlung regelrecht integriert. Denn diese Sequenzen verdeutlichen, wie sehr die Wahrnehmung heutiger Jugendlicher medial vermittelt wird. Die Durchlässigkeit zwischen der imaginierten und der realen Welt wird etwa in einem Traum deutlich, in dem âDr. Todâ nicht etwa den Superhelden, also Donald in der Comicwelt, sondern Donald selbst getötet hat. Zwar stört in der sensiblen Erzählung eine gewisse Fixierung auf sexuelle Erfahrungen, die Donalds Freunde ihm unbedingt vermitteln möchten, ehe er stirbt. Das zu diesem Zweck arrangierte Treffen endet jedoch überraschenderweise mit einer Lektion über die wirkliche Liebe â erteilt von jemand, von dem man es am wenigsten erwartet hätte. âAm Ende eines viel zu kurzen Tagesâ lebt gröÃtenteils von der authentischen Darstellung des Jungschauspielers Thomas Brodie-Sangster, der die Entwicklung vom zynischen Jungen, der auf alle und alles wütend ist, zum sensiblen, liebensbedürftigen jungen Mann, der am Ende mit seinen Eltern und mit sich selbst ins Reine kommt, glaubwürdig darstellt. Andy Serkis, bislang durch seine Rollen in der Motion-Capture-Technik bekannt, insbesondere als Gollum in Peter Jacksons âHerr der Ringeâ-Verfilmung oder als Kapitän Haddock in âDie Abenteuer von Tim und Struppi: Das Geheimnis der Einhornâ, gelingt der richtige Ton in der Beziehung zu seinem Patienten, indem er mit den Klischees des Psychologen spielt. Die schönen Bilder Dublins mildern die Schwere einer Geschichte, die den Zuschauer trotz ihres Ausgangs nicht ohne Hoffnung zurücklässt. Bei der Verleihung des Prädikats âbesonders wertvollâ urteilte die Filmbewertungsstelle Wiesbaden: âKomplexe Emotionen werden mit subtilen Gestaltungsmitteln wachgerufen und auch hintergründige Gedanken stehen nicht fern.â Denn âAm Ende eines viel zu kurzen Tagesâ handelt eigentlich nicht von der Krankheit und ihrem unausweichlichen Verlauf, sondern vom Erwachsenwerden in einer Extremsituation und vom Wert des Lebens, den Donald in den Gesprächen mit dem Therapeuten, vor allem aber auch in der aufkeimenden Liebe zu seiner Mitschülerin Shelly erfährt. Ãhnlich Eric Emmanuel Schmitts âOskar und die Dame in Rosaâ (siehe Filmarchiv) führt die Auseinandersetzung mit einer schrecklichen Tatsache, dem Sterben eines jungen Menschen, zur Reflexion über dramatische Themen um Liebe, Tod und Verlust. Mit âOskar und die Dame in Rosaâ hat FitzGibbons Film auÃerdem die Eleganz und Leichtigkeit gemeinsam, die aus der Literaturvorlage und aus einer Inszenierung stammt, die das Gleichgewicht zwischen Ernst und Leichtigkeit durchgängig hält. |
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