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José GarcÃa Foto: Neue Visionen Der Beginn von Bernd Böhlichs Film schildert eine Situation, die zwar als klischeehaft, aber genauso gut als realistisch bezeichnet werden könnte: Diplomat Dr. Friedhelm Simon (Stephan Grossmann) steht unmittelbar vor dem Umzug nach New York, wo er eine Stelle bei der UNO antreten soll. Frau und Kind ziehen selbstverständlich mit. Wie soll es aber mit seiner nicht mehr rüstigen Mutter weitergehen, kommt für sie eine solche Ãbersiedlung doch gar nicht in Frage? Bleibt als einzige Lösung das euphemistisch so genannte Seniorenheim. Als Margarete Simon (Angelica Domröse) dann ins Altersheim mit dem beschönigenden Namen âAbendsternâ einzieht, stellt sie gegenüber der Heimleiterin (Steffi Kühnert) ihren Sarkasmus unter Beweis. Als diese ihr erklärt, mit ihrem Einzug beginne ein neuer Abschnitt in ihrem Leben, antwortet sie: âEin neuer Lebensabschnitt? Der letzte Lebensabschnitt!â. Parallel dazu zeigt Drehbuchautor und Regisseur Bernd Böhlich den Alltag im Seniorenheim, wobei er den anderen Protagonisten von âBis zum Horizont, dann linksâ einführt: Ohne Vorwarnung schiebt Schwester Amelie (Anna-Maria Mühe) ins Zimmer von Eckehardt Tiedgen (Otto Sander) das Bett, auf dem Willy Stronz (Ralf Wolter) liegt. Was der Kavalier alter Schule gar nicht witzig findet und dementsprechend mit bissigen Bemerkungen quittiert. Gemeinschaftstätigkeiten und Bewegungstherapie sind eben nicht Herrn Tiedges Sache. Ein Zufall treibt die Handlung voran. Nach einer von Schlaflosigkeit herbeigeführten nächtlichen Plauderei zwischen Frau Simon und Herr Tiedgen macht dieser auf dem Weg in sein Zimmer eine interessante Entdeckung: Bei seinem Besuch bei Schwester Amelie hat ein mit ihr befreundeter Polizist unvorsichtigerweise das Pistolenholster auf dem Flur aufgehängt. Da ausgerechnet am nächsten Tag ein Rundflug über Brandenburg mit einer Propellermaschine âJU 52â auf dem Unterhaltungsprogramm von âAbendsternâ steht, kommt Herrn Tiedgen eine Schnapsidee: Mit der gestohlenen Pistole entführt er kurzerhand die Maschine in Richtung Süden. Auf die Frage des verdutzten Piloten Schlepper (Tilo Prückner) und seines jungen Kopiloten Mittwoch (Robert Stadlober), wohin die Reise gehen soll, antwortet Eckehardt Tiedgen: âBis zum Horizont, dann linksâ. SchlieÃlich möchte er noch das Meer sehen. Obwohl Böhlichs Film mehrmals fast in den Klamauk abgleitet, so etwa als eine Zwischenlandung in Wien nicht nur zu scharfzüngigen Kommentaren (âWir freuen uns über jeden Besuch in Ãsterreichâ) Anlass gibt, sondern auch wegen der unmittelbar bevorstehenden Ankunft einer russischen Delegation beinahe eine politische Krise ausgelöst hätte. Zu solchen Episoden sowie zu einigen unglaubwürdigen Wendungen führt die FBW-Filmbewertungsstelle Wiesbaden bei der Verleihung des Prädikats âbesonders wertvollâ aus: âDass da einige Szenen hart am Rande des Klamauks vorbeisegeln und einige Löcher in der Erzählung klaffen (die Besatzung verwandelt sich allzu plötzlich von Entführungsopfern zu Mittätern), verzeiht man den Filmemachern gerne.â Denn âBis zum Horizont, dann linksâ macht nicht nur präzise Beobachtungen am Rande â etwa bei einer Szene im Speise-, oder auch im Fernsehzimmer, als alle nebeneinander sitzen so wie sie im Altersheim nebeneinander herleben. Darüber hinaus zeigt der Film zu Beginn die Stimmung der Seniorenheim-Insassen, die von der Resignation bis zum Schwermut reicht. Ohne zu beschönigen, liefert Bernd Böhlich somit auf durchaus realistische Weise das Bild eines Lebens in zwar gediegener, aber auch entmündigender Atmosphäre. Die Art etwa, wie Schwester Amelie mit den Senioren umgeht, spricht davon Bände. Dass die Handlung nach der Flugzeugentführung eine beinah märchenhafte Anmutung annimmt, tut dieser ungeschönten Analyse keinen Abbruch. âBis zum Horizont, dann linksâ ist jedoch vor allem ein bis in die Nebenrollen bestens besetzter Schauspielerfilm. Insbesondere Angelica Domröse und Otto Sander gestalten ihre Figuren äuÃerst glaubwürdig. Dadurch transportieren sie eine angesichts der demografischen Entwicklung aktuelle Botschaft: Die Alten wehren sich gegen eine Abschiebung durch die jüngere Generation, sie wollen nicht in einem sie entmündigenden Ghetto ihren âLebensabendâ verbringen, sondern den letzten Lebensabschnitt möglichst sinnvoll und möglichst selbstbestimmt gestalten. |
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