|
||||||||||||||||||||
José GarcÃa Foto: Tobis In wohl keinem anderen Land wird der Präsidentschafts-Wahlkampf so häufig im Kino fiktionalisiert wie in den Vereinigten Staaten: Von Franklin J. Schaffners âDer Kandidatâ (1964) mit Henry Fonda in der Hauptrolle bis âDer Manchurian Kandidatâ (Jonathan Demme, 2004) entwerfen Hollywood-Spielfilme ein Wahlkampf-Szenario mit unterschiedlichem Authentizitätsanspruch, wobei dieser in Alan J. Pakulas âDie Unbestechlichenâ (âAll the Presidentâs Menâ, 1976) am gröÃten sein dürfte. Denn Pakula zeichnet die tatsächlichen Recherchen der Washington Post-Reporter Bob Woodward (Robert Redford) und Carl Bernstein (Dustin Hoffman) nach, die zur Aufdeckung der âWatergateâ-Affäre während des Vorwahlkampfs 1972 und schlieÃlich zum Rücktritt Richard Nixons im August 1974 führte. Ein fiktiver Vorwahlkampf steht denn auch in George Clooneys vierter Regiearbeit âThe Ides des March â Tage des Verratsâ im Mittelpunkt: Bei den sogenannten Primaries wird der Präsidentschaftskandidat der Demokraten gekürt, der wiederum mit groÃer Wahrscheinlichkeit ins WeiÃe Haus einziehen wird. Ohio scheint der Schlüssel dazu zu sein: Wer hier gewinnt, wird wohl die Demokratische Partei als Kandidat vertreten. Clooneys Film beginnt mit den Proben einer Rede auf einer Theaterbühne. Der junge Stephen Meyers (Ryan Gosling) arbeitet als Pressesprecher für Gouverneur Mike Morris (George Clooney) â genauer: für dessen Wahlkampfmanager Paul Zara (Philip Seymour Hoffman). Dass sich der etwa dreiÃigjährige Meyers trotz seiner Jugend in der Politik gut auskennt, wird etwa in einer Szene deutlich, in der ihn die Journalistin Ida Horowicz (Marisa Tomei) vergebens aus der Reserve zu locken versucht. In diesem Dialog wird bereits das eigentliche Thema von âThe Ides of Marchâ vorweggenommen: Geht es Stephen Meyers eigentlich um seine Ideale oder doch um die eigene Karriere? Basierend auf dem Bühnenstück âFarragut Northâ (2004) von Beau Willimon dekliniert das Drehbuch von George Clooney, Grant Heslov und Beau Willimon die schmutzigen Tricks eines solchen Wahlkampfs, verliert jedoch trotz unterschiedlicher Nebenstränge seine Hauptfigur nicht aus den Augen. Stephen Meyersâ Ehrgeiz macht ihn anfällig für die Versuchungen der Gegenseite: Bei einem vermeintlich strenggeheimen Treffen testet Tom Duffy (Paul Giamatti), seines Zeichens Wahlkampfmanager des Demokraten-Gegenkandidaten Pullman, Stephens Loyalität. Seine Affäre mit der hübschen Praktikantin Molly (Evan Rachel Wood) liefert dem âmodernen Brutusâ Stephen schlieÃlich die Waffe, mit der er den Herrschermord begehen kann, auf den der Filmtitel anspielt: An den Iden des März im Jahr 44 vor Christus wurde bekanntlich Julius Cäsar bei einer Senatssitzung ermordet. âThe Ides of March â Tage des Verratsâ bietet hervorragende schauspielerische Leistungen, wobei sich Co-Produzent, Co-Drehbuchautor und Regisseur George Clooney als Schauspieler angenehm zurücknimmt und dezent im Hintergrund bleibt. Philip Seymour Hoffman und Paul Giamatti erstmals zusammen vor der Kamera zu sehen, macht bereits Clooneys viertes Regiewerk zu etwas Besonderem. Die Kamera von Phedon Papamichael wechselt elegant von bewegten Bildern des Wahlkampftrosses zu statischen Einstellungen etwa einer Krisensitzung des Kandidaten mit seinen Wahlkampfmanagern mitten in einem kargen Raum oder des symbolträchtigen Umrisses Stephens vor einer riesigen US-Fahne. Dramaturgisch leidet Clooneys Film jedoch einerseits durch die bereits im Filmtitel angelegte Vorhersehbarkeit. Zwar kann der Zuschauer von der Politik abstrahieren und die Story nach dem Statement des Regisseurs als eine universelle Geschichte ansehen: ââThe Ides of March â Tage des Verratsâ ist nicht bloà ein Film über Politik. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der sich bis auf die höchste Stufe der Karriereleiter durchkämpft, dafür aber seine Seele opfert. Es ist eine Geschichte über Moralität, die zufällig in der Politik spielt. Genauso könnte der Held ein Anwalt oder Agent sein.â Selbst dann entwickelt sich jedoch Clooneys Film völlig vorsehsehbar nach dem altbekannten Muster, junger Idealist wird vom Zynismus enttäuscht und schlägt mit gleichen Waffen zurück. Dass der Schlüssel zu seinem Verrat von der Beziehung des Präsidentschaftskandidaten zu einer Praktikantin geliefert wird, wirkt darüber hinaus arg konstruiert. Zwar spricht der Film den grundlegenden Konflikt zwischen Loyalität (âdie einzige Währung in der Politikâ) und den eigenen Karriere-Interessen an. Wofür allerdings Mike Morrisâ Politik steht, zu welchen Werten sich also Stephen Meyers loyal verhalten soll, wird kaum deutlich. Ãbrig bleibt die Aussage, Politik habe nur mit Machtmechanismen zu tun, zu denen selbstverständlich allerlei Tricks bis hin zu Intrigen und Verdrehungen gehören. Eine sehr pauschale Aussage, die mit der trotz allen schauspielerischen Könnens der Darsteller erkennbaren Eindimensionalität der Figuren einhergeht. |
||||||||||||||||||||
|