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José GarcÃa Foto: Neue Visionen Mal- und Filmkunst könnten unterschiedlicher nicht sein: Hält ein Gemälde einen bestimmten Augenblick fest, so gehört zum Wesen des Filmes die Bewegung, die Montage unterschiedlicher Bilder. Unternahmen allerdings bereits Jahrhunderte vor der am Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführten âkinetischen Kunstâ Renaissance- und Barockmaler von Michelangelo über Tintoretto und Velázquez bis Rembrandt immer wieder den Versuch, Bewegung und Veränderung als ästhetischer Bestandteil in die Malerei zu integrieren, so wurden auf der anderen Seite im 19. Jahrhundert im Theater Werke der Malerei und der Plastik durch lebende Personen dargestellt. Diese âTableaux vivantsâ, die etwa auch als âlebende Bilderâ des Alten Testaments in die Oberammergauer Passionsspiele bis heute Eingang gefunden haben, sind im Kino jedoch als statische Einstellungen eher die Ausnahme. Besonders angewandt werden sie etwa in Filmen, die wie Peter Webbers âDas Mädchen mit dem Perlenohrringâ (siehe Filmarchiv) ein berühmtes Kunstwerk filmisch interpretieren. Als Verfilmung einer Bildinterpretation kann ebenfalls der nun im regulären Kinoprogramm anlaufende Spielfilm âDie Mühle und das Kreuzâ von Lech Majewski bezeichnet werden. Denn der Film adaptiert für die groÃe Leinwand die Studie von Michael Francis Gibson âThe Mill and the Cross: Peter Bruegelâs âWay to Calvaryââ (2000) über das sich im Kunsthistorischen Museum Wien befindliche Ãlgemälde âDie Kreuztragung Christiâ von Pieter Bruegel dem Ãlteren aus dem Jahre 1564. In diesem Jahr erhält Pieter Bruegel (Rutger Hauer) von dem reichen Antwerpener Kaufmann und Kunstsammler Nicolas Jonghelinck (Michael York) den Auftrag, die Kreuztragung Christi zu malen. Der Maler will indes nicht eine weitere von unzähligen Versionen der Passionsgeschichte liefern, sondern etwas Besonderes schaffen: Ein Bild, das eine Vielzahl von Geschichten erzählt, und das groà genug ist, hunderte von Menschen aufzunehmen. Aber vor allem soll die Kreuzigungsgeschichte nicht im Heiligen Land, sondern in seiner flämischen Heimat spielen. Bruegel besucht die Menschen seiner Umgebung, auf den Höfen, Feldern und Märkten, um nach deren Geschichten in einem Land zu suchen, das unter spanischer Herrschaft steht. Denn Flandern wurde nach dem Tod Karls V. im Jahre 1558 den spanischen Habsburgern zugesprochen. Der Maler hält alles in seinen Skizzen fest und beginnt auf diese Weise, die Schicksale von unzähligen Menschen miteinander zu verflechten. Majewskis âDie Mühle und das Kreuzâ führt zwei Ebenen ein: Einerseits wird über die Entstehung des Bildes, andererseits über die Lebensbedingungen im Flandern seiner Zeit erzählt, wobei der Kontrast zwischen einem das Kunstinteresse einschlieÃenden Wohlstand in der Kaufmannsschicht und dem tristen und kargen Alltag etwa in der Mühle oder im Dorf ins Auge springt. Noch offenkundiger wird jedoch die Unterdrückung der Bevölkerung durch die spanische Besatzung. So ergreifen spanische Soldaten einen jungen Mann, den sie durch Rädern zu Tode foltern. Weil aber in Majewskis Deutung Pieter Bruegel die spanisch-habsburgische Herrschaft mit der katholischen Kirche gleichsetzt, prägt âDie Mühle und das Kreuzâ ein antikatholischer Affekt: Wer wie dieser junge Mann gegen die Kirche aufbegehrt, entkommt nicht ihren Häschern. Auch Jesus wird nach diesem Muster als Vertreter der (protestantischen) Minderheit gedeutet: Ein spanischer Judas verrät ihn, spanische (katholische) Soldaten foltern und töten ihn. In der Malerei-Anverwandlung geht Majewskis Film einen Schritt weiter als Webbers âDas Mädchen mit dem Perlenohrringâ. Dafür verwendet Majewski bei der Erzeugung von Bildern im Computer eine neue Technik, die in unterschiedlichen Einstellungen verschiedene Figuren vor scheinbar denselben Hintergrund platzierte. Beim Zuschauer stellt sich immer wieder die Frage: Handelt es sich bei diesen Hintergründen um Natur oder um gemalte Landschaft? Teilweise sind sie von Regisseur, der auch als Maler arbeitet, selbst gemalt, so dass sich die filmische und die malerische Bildsprache wie in keinem anderen Spielfilm annähern. Dies wird auÃerdem in der âDoppelrolleâ deutlich, die Bruegels Frau (Charlotte Rampling) übernimmt: Sie hatte etwa dreiÃig Jahre zuvor für die Mutter Gottes in Bruegels âDie Anbetung der Königeâ Modell gestanden. Nun verkörpert sie die Pietà sowohl bei der Kreuzigung in Bruegels âDie Kreuztragung Christiâ als auch in Majewskis âDie Mühle und das Kreuzâ â die Grenze zur Malkunst, allerdings auch zur Künstlichkeit, wird durchlässig. Die tableauhafte Bildsprache in Lech Majewskis Film führt freilich dazu, dass sich bei aller Schönheit der einzelnen Bilder der Erzählduktus eines Spielfilmes kaum einstellt. So erfährt der Zuschauer über die Zustände der Zeit auÃer den Brutalitäten der spanischen Herrscher genauso wenig wie über die Persönlichkeit Pieter Bruegels. Für die Länge eines abendfüllenden Films reicht auÃerdem die Originalität von Majewskis künstlerischem Konzept trotz bewundernswerter Technik kaum. |
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