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José GarcÃa Foto: Movienet Vor einem Jahrzehnt gelang es dem bosnischen Regisseur Danis Tanovic, mit seiner Satire âNo Manâs Landâ (2001, siehe Filmarchiv) die Absurdität des Krieges im ehemaligen Jugoslawien vorzuführen. Der Film erhielt bedeutende Auszeichnungen, darunter den Oscar 2002 als bester nicht-englischsprachiger Film. Die Handlung seines aktuellen, nun im regulären Kinoprogramm anlaufenden Spielfilms âCirkus Columbiaâ siedelt Tanovic zwei Jahre vor âNo Manâs Landâ an: Zwar ist im Jahre 1991 bereits das sogenannte zweite Jugoslawien zerfallen, aber in Bosnien hat der Krieg (1992-1995) noch nicht begonnen. In dieser Umbruchszeit voller Kriegsvorahnungen kehren Exilbosnier, die während der kommunistischen Zeit im Westen lebten, in ihre Heimat zurück. So auch Divko Buntic (Miki Manojlovic), der in Deutschland zu Geld gekommen ist. Nach zwei Jahrzehnten Abwesenheit kommt er mit Taschen voller D-Mark heim. In seinem deutschen Mercedes bringt Divko aber auch die hübsche, viel jüngere Freundin Azra (Jelena Stupljanin) sowie seinen Kater Bonny als Glücksbringer mit. Divkos Bargeld und sein Cousin Ivanda (Milan Strljic), der gerade erst als mehr oder weniger demokratischer Bürgermeister eingesetzt wurde, sollen ihm helfen, sein ehemaliges Haus zurück zu bekommen. Dafür müssen aber zuerst Divkos Ehefrau Lucija (Mira Furlan) und der gemeinsame Sohn Martin (Boris Ler), den er nie kennengelernt hat, mit Polizeigewalt aus dem Haus vertrieben werden, wo sie seit zwanzig Jahren leben. Der Stabshauptmann Savo (Svetislav Goncic), der Mutter und Sohn in schwierigen Zeiten eine Stütze gewesen ist, kann es nicht verhindern. Der groÃe Zampano mit der dicken Brieftasche und den für den ländlichen Ort viel zu eleganten Anzügen glaubt, mit Geld alles kaufen zu können. Je länger er sich aber in seinem Heimatdorf aufhält, desto stärker tritt sein ursprüngliches Vorhaben in den Hintergrund, sich von Lucija scheiden zu lassen und seine junge Freundin zu heiraten, weshalb sich Azra von ihm zunehmend entfremdet und zu dessen sensiblem Sohn Martin hingezogen fühlt. Vater und Sohn nähern sich ebenfalls zusehends an, während die Beziehung zwischen den Noch-Eheleuten weiterhin von Ressentiments geprägt bleibt. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Ivica Dikic verknüpft Denis Tanovic diese Dorfgeschichte, die eine ganze Reihe Figuren einschlieÃlich eines Dorftrottels einbezieht, mit den ersten Anzeichen eines Krieges, der schlieÃlich am Ende von âCirkus Columbiaâ ausbricht. Laut Regisseur Tanovic zeigt sein Film, âwie blind ganz normale Menschen in diesem kurzen Zeitraum zwischen Frieden und Krieg gewesen sindâ. Obwohl es die Dorfbewohner in der scheinbaren Sommeridylle nicht wahrhaben wollen, mehren sich die Anzeichen eines Sturms. Nicht nur weil es plötzlich im Radio heiÃt, âdie Kroaten rüsten für den Kriegâ, und später die Nachricht der Bombardierung des kroatischen Dubrovnik durch die Serben den Kriegsausbruch noch unmittelbarer macht. Darüber hinaus brechen die Konflikte im Mikrokosmos der Handlung immer offener auf, ob nun der neue Bürgermeister die Entfernung des roten Sterns aus der Kopfbedeckung der alten Volksarmee fordert oder der alte, kommunistische Bürgermeister von Unbekannten angegriffen wird. Die immer offener zu Tage tretenden Feindseligkeiten verdeutlicht Regisseur Tanovic nicht durch ethnische Zuordnungen, sondern durch menschliche Auseinandersetzungen, am augenfälligsten durch die Entfremdung zweier Freunde: Am Anfang von âCirkus Columbiaâ sind Martin und Pivac (Mario Knezovic) beste Freunde, die seit Kindertagen alles miteinander teilen. Pivac, der Sohn des neuen Bürgermeisters, schlieÃt sich einer den kroatischen Nationalisten nahe stehenden paramilitärischen Gruppe an. Martin, der für den früheren kommunistischen Bürgermeister Leon Sympathien hat, weigert sich jedoch, dieser gewalttätigen Truppe beizutreten. Dass diese Freundschaft in Feindschaft umschlägt, steht exemplarisch für das Auseinanderbrechen der Dorfgemeinschaft in einander sich bekämpfende Fraktionen. Obwohl Danis Tanovic in âCirkus Columbiaâ trotz skurriler Episoden wie der Suche des ganzes Dorfes nach dem verschwundenen Kater nicht das Gleichgewicht zwischen Humor und Tragik trifft, das âNo Manâs Landâ auszeichnete, verdeutlicht der bosnische Regisseur erneut die Sinnlosigkeit eines Krieges und der nationalistischen Bestrebungen, die eine Dorfgemeinschaft spaltet. âCirkus Columbiaâ überzeugt darüber hinaus insbesondere mit seiner Figurenentwicklung: Mit viel Gespür für Erzählrhythmus demonstriert Tanovic, dass wie so oft der Schein trügt. So stellt sich Azra nicht, wie der Zuschauer wohl zuerst vermutete, als die Opportunistin heraus, die hinter dem Geld des viel Ãlteren ist. Selbst der grobschlächtige, narzisstische Divko entdeckt sein weiches Herz und findet zuletzt zu einem überraschenden Entschluss, den ihm der Zuschauer wohl kaum zugetraut hätte. |
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